Dienstag, 24. Oktober 2017

Ich bin jetzt fast 20 Jahre alt und seit etwas mehr als fünf Jahren Fußballfan. Ich muss zugeben, dass fünf Jahre recht wenig sind, wenn man bedenkt, dass es auch Menschen gibt, denen das in die Wiege gelegt wird, aber abgesehen von den Länderspielen, habe ich mich bis zum Mai 2012 nie wirklich intensiv mit dem Thema Fußball beschäftigt. Dann allerdings kam jener "verhängnisvolle" 12. Mai 2012 - DFB-Pokalfinale, Borussia Dortmund gegen Bayern München. Und irgendwie war's da um mich geschehen. Ich weiß bis heute nicht, warum gerade Dortmund und warum nicht München, aber ich weiß, dass ich mittlerweile Borussin mit Leib und Seele bin. Ich bin sogar so weit gegangen, dass ich ein Jahr in Dortmund gelebt habe. Und habe ich den BVB während diesem einen Jahr auch nur einmal in seinem Stadion spielen sehen? Nein. Es war geplant, aber entweder war die Zeit nicht da oder es gab keinen freien Ticketverkauf. Das einzige und letzte Mal, dass ich meinen BVB habe live spielen sehen, war 2013 bei einem Testspiel gegen meinen Heimatverein, den 1. FC Magdeburg.
Nun trägt es sich zu, dass am heutigen Abend, 24. Oktober 2017., beide Vereine wieder einmal aufeinandertreffen. Es ist nicht irgendein Spiel, das keine Bedeutung hat - es ist die zweite Hauptrunde im DFB-Pokal. Seit knapp eineinhalb Monaten bin ich aus Dortmund zurück und hätte die Zeit und alle Möglichkeiten gehabt, mir dieses Spiel im Stadion anzusehen. Aber es gibt keinen freien Ticketverkauf.
Als die zweite Hauptrunde ausgelost wurde, war ich so glücklich darüber, dass es tatsächlich die Partie 1. FC Magdeburg gegen Borussia Dortmund sein sollte. Mein Heimatverein gegen meinen Herzensverein - was kann es eigentlich Schöneres geben?
Und dann kam irgendwann die Nachricht, dass es für dieses Spiel keinen freien Ticketverkauf geben wird.
Für ein Bundesliga-Spiel keine Tickets für "normalsterbliche" Fans (die, die eben keine Dauerkarte besitzen oder sich eine Mitgliedschaft bei ihrem Verein leisten können) bereitzustellen, ist die eine Sache - aber das Gleiche für ein Pokal-Spiel zu tun, ist eine komplett andere.
Es ist jetzt nicht so, dass meine Familie arm wie eine Kirchenmaus ist, aber wir können uns eben keine Dauerkarte für durchschnittlich etwa € 364.50 oder eine Vereinsmitgliedschaft, die € 62 im Jahr kostet, auf die Dauer leisten. Hinzu kommt, dass wir ja auch jedes Wochenende irgendwie zu den Spielen reisen müssten - und selbst mit einer Bahncard wird das extrem teuer. Leider ist es so, dass immer häufiger Dauerkartenbesitzer und Vereinsmitglieder bei allem bevorzugt werden, wenn es um den Fußball geht. Und, als wäre es nicht schon schlimm genug, dass man als "normaler" BVB-Fan kaum noch die Chance bekommt, den Signal Iduna Park von innen zu sehen, werden einem dann noch Sprüche aufgedrückt wie "Es wird ein volles Haus geben und ich hoffe, dass wir den echten Fans ein tolles Spiel bieten können!"
Und was bin ich dann? Bin ich dann kein echter Fan, nur, weil mein Geldbeutel nicht so locker sitzt wie bei anderen? Ich bin (fast) 20 Jahre alt und habe (noch) keinen festen Job und somit auch (noch)kein geregeltes Einkommen. Als zukünftige Studentin wird sich das auch erstmal nicht ändern. Und als Studentin hat man eben wenig Geld. Da kann man sich diese horrenden Preise einfach nicht leisten. Und daran soll es also scheitern, meinen Verein auch mal im heimischen Stadion zu unterstützen? Am Geld? Bin ich also kein echter Fan, obwohl ich den Verein seit mehr als fünf Jahren unterstütze, wo es nur geht, mit ihm leide und mich mit ihm freue und auch in schlechten Zeiten zu ihm halte? Sind diese Fans nicht genauso viel wert wie die, die Jahr für Jahr Unmengen an Geld in die Vereinskasse spülen?
Vielleicht war ich zu naiv zu glauben, dass es ausnahmsweise mal nicht nur ums Geld geht. Vielleicht wird dieser Slogan gar nicht mehr so gelebt, wie ich es gewohnt war. Aber was ich weiß ist, dass es den "normalen" Fans einfach nur unfair gegenüber ist.

Liebe BVB-Geschäftsführung,
als ich vor über fünf Jahren mein rotes Blut gegen schwarzgelbes eingetauscht habe, war ich froh, endlich etwas gefunden zu haben, zu dem ich dazu gehöre. Ich war der festen Überzeugung, dass es scheißegal ist, ob man männlich oder weiblich, jung oder alt ist, an welche Religion man glaubt, was man für einen Job ausübt oder woher man kommt. Ich war der Überzeugung, dass das Einzige, was gezählt hat, die Liebe zum BVB war. Meinen besten Freund aus Australien hätte ich vermutlich nie kennen gelernt, wenn ich kein BVB-Fan wäre. Ohne den Verein würde es eine der für mich wichtigsten Freundschaften vermutlich gar nicht geben.
BVB-Fan zu sein bedeutet für mich, den Verein immer zu unterstützen - egal, durch welches Hoch oder Tief man gerade geht. Ich war da, als wir 2012 den DFB-Pokal gewonnen haben. Ich war da, als der Verein fast abgestiegen wäre. Ich war da, als Klopp den Verein verlassen hat. Ich war da, als wir uns unter Tuchel wieder zurück nach oben gekämpft haben. Ich war da, als dieser unglaublich feige Anschlag auf den Mannschaftsbus verübt worden ist. Ich war da, als wir 2017 erneut den DFB-Pokal gewonnen haben - der erste Titel seit Langem. Ich war da, als Tuchel entlassen wurde und Bosz als neuer Trainer kam. Ich habe so gut wie alles gerechtfertigt, was bezüglich des Vereins passiert ist. "Es könnte ja sein, dass ..." oder "Aber wenn ..." habe ich im Zusammenhang mit meinem Herzensverein nicht nur einmal gesagt. Meine Unterstützung hattet ihr seit der ersten Sekunde.
Alles, was ich eigentlich möchte, ist, den BVB einmal in seinem Stadion spielen zu sehen. Ich verlange nicht, dass ich jedes Jahr einmal im Signal Iduna Park bin. Nur einmal. Ein einziges Mal. Einfach, damit ich sagen kann "Ich stand nicht nur vor dem Stadion, weil mich niemand rein gelassen hat, sondern ich war auch drinnen und habe ein Spiel live gesehen und es war die schönste Erfahrung in meinem ganzen Leben!"
Und das soll mir verwehrt bleiben? Weil ich nicht mehrere hundert Euro für Dauerkarten + An- und Abreise zur Verfügung stehen habe? Weil eine Vereinsmitgliedschaft auf Dauer zu teuer wird? Weil ich einfach nicht die nötigen Mittel habe, obwohl ich seit Jahren auf Seiten des BVB stehe?
Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen habe ich mich gefühlt, als würde ich nirgendwo dazugehören. Ich bin nicht grundlegend anders als alle anderen Menschen, aber dennoch hat es damals anscheinend für meine Mitschüler gereicht, mir mein Leben knapp zwei Jahre lang zur Hölle zu machen. Dann fand ich den BVB und dachte, endlich irgendwo dazu zu gehören, auch wenn ich mich durch einige Dinge von anderen Menschen unterscheide. Aber es war egal, denn das, was gezählt hat, war die Liebe zum Verein, alles Andere war Nebensache.
Doch, wie ich in letzter Zeit immer wieder merke, unterscheidet mich doch etwas von anderen BVB-Fans. Und zwar das Geld. Ich bin mir sehr sicher, dass es da draußen noch ganz viele andere Menschen gibt, denen es genauso geht wie mir. Deswegen spreche ich jetzt einfach in unserer aller Namen.
Ich kann verstehen, dass das Geld eine gewisse Rolle spielt. Der BVB ist am Aktienmarkt vertreten und da muss man schon ein Auge auf das Geld haben. Aber es kann nicht sein, dass einige Menschen nie auch nur den Hauch einer Chance auf Tickets für ein Spiel zu haben, nur, weil die Dauerkartenbesitzer und Vereinsmitglieder ständig bevorzugt werden. Es kann nicht sein, dass den Fans, die auch ohne den dicken Geldbeutel ohne Wenn und Aber hinter dem Verein stehen, einfach nicht berücksichtigt werden. Es kann nicht sein, dass das Geld vor die ach so hoch angepriesenen "Echte Liebe" gestellt wird.
Und es kann ebenfalls nicht sein, dass man sich unterschwellig als Fake-Fan bezeichnen lassen muss. Denn das stimmt nicht. Nur, weil man nicht jedes Wochenende im Stadion sein kann, heißt das nicht, dass man den Verein nicht trotzdem liebt. Nur, weil man lediglich nicht genug Geld für eine Dauerkarte hat, heißt das nicht, dass einem der Verein und seine Erfolge egal sind. Es fehlt oft einfach an Zeit und Geld, dass man nicht ständig im Stadion sein kann. Manche Fans können das eben nun mal nur ein paar Mal im Jahr tun. Manche noch seltener. Manche Fans waren noch gar nicht im Stadion, weil es bei zu vielen Spielen heißt "Es wird keinen freien Ticketverkauf geben."
Liebe Geschäftsführung: Ich verstehe, dass Geld wichtig ist, um das Geschäft am Laufen zu halten. Aber Geld ist nicht alles. Manchmal, aber auch nur manchmal, sollte man über das Geld hinaussehen und sich fragen, wie zufrieden die Fans noch sind. Denn so, wie es manchmal abläuft, kann ich mir vorstellen, dass viele Menschen unzufrieden mit der Vereinspolitik sind. Wenn ab und zu weniger Tickets für bestimmte Spiele an die Dauerkartenbesitzer und Vereinsmitglieder zur Verfügung stehen würden, hätten wir "normale" Fans auch noch eine Chance. Denn auch wir bringen Geld in die Kasse. Vielleicht nicht in den Mengen, wie es Vereinsmitglieder oder Dauerkartenbesitzer tun, aber trotzdem kommt durch uns auch Geld in die Kasse. Wenn man das vielleicht irgendwann sehen könnte, vielleicht müsste man dann nicht traurigen Kindern verzweifelt erklären, warum man nicht ins Stadion gehen kann. Vielleicht muss man sich dann nicht mehr weniger wichtig fühlen als Andere. Vielleicht kann man sich dann Tränen sparen. Vielleicht kann man dadurch den Traum des einen oder anderen Menschen erfüllen. Ja, vielleicht.

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